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Häufigste Irrtümer und Missverständnisse



„Mein Hund schaut mich nicht mal an, so ein ignoranter Kerl !!!“

Direkter Blickkontakt wirkt auf Hunde bedrohlich! Den Blick abwenden hingegen ist eine höfliche und beschwichtigende Geste. Manchmal ist ein Hund in einer Trainingssituation überfordert, sein Mensch reagiert ungeduldig und verärgert, darauf versucht der Hund durch Beschwichtigungssignale seinen Menschen milde zu stimmen, wendet den Blick ab und darauf reagiert der Mensch dann noch ärgerlicher. Ein bedauerliches aber sehr häufiges Missverständnis ist entstanden.

„Ein Hund muss hören !!!“

Hunde zeigt immer das Verhalten, das sich lohnt, bzw. das für sie angenehme Folgen hatte. Hunde befolgen Kommandos, weil das für sie positiv war. Es gibt nur drei Gründe warum Hunde Kommandos nicht befolgen:

1.Sie haben sie akustisch nicht wahrgenommen
2.Sie wissen nicht was damit gemeint ist, d.h. sie sind nicht ausreichend trainiert
3.Sie haben grade was besseres zu tun, d.h. Sie sind nicht ausreichend motiviert

„Wenn ein Hund nicht gehorcht, stellt er seinen Chef in Frage und muss an seinen Platz in der Rangordnung erinnert werden, am besten durch Nackenschütteln und auf den Rücken werfen !!!“

Gehorsam hat mit der Rangordnung nichts zu tun (siehe oben) und Nackenfellschütteln auch nicht. Keine Hunde- oder Wolfsmutter hat je einen ihrer Welpen aus erzieherischen Gründen im Nacken geschüttelt. Wohl aber hat ein Wolf oder Hund einen anderen damit schon im Ernstkampf dauerhaft ausgeschaltet. Ernstkämpfe treten aber nur selten auf, z.B. wenn zwei gleichstarke Rüden um ein paarungsbereites Weibchen konkurieren. Schüttelt ein Mensch seinen Hund im Nacken, dann fasst der Hund dies als Todesdrohung auf. Mit zwei unterschiedlichen Konsequenzen: Der Hund ergibt sich in sein Schicksal… oder nicht. Im letzteren Fall hat das immer unangenehme bis lebensgefährliche Folgen für den Schüttler (je nach Größe des Hundes) !!

„Hilfe, mein Welpe ist aggressiv. Er beißt mich und meine Kinder blutig !!“

Jeder Welpe wird ohne Beißhemmung geboren! Sobald er seine Augen öffnet, beißt er in alles was er erwischt, Mutter, Geschwister….und letztere vor allem beißen zurück. So lernt ein Welpe auf schmerzhafte aber wirkungsvolle Weise, daß Reinbeißen weh tut.
Kommt der Hund in einen neuen Haushalt, sollte dieser Lernprozess in einer gut geführten Welpenspielgruppe fortgesetzt werden bis der Hund eine sichere Beißhemmung erlernt hat.
Sind Sie oder Ihre Kinder dennoch das Opfer der ungezügelten Beißlust Ihres Welpen müssen Sie nicht zurückbeißen, obwohl auch das funktionieren würde.
In diesem Fall benötigen Sie wahrscheinlich die Hilfe eines erfahrenen Hundetrainers, der Ihnen die richtigen Verhaltensweisen genau erläutern kann.

„Man soll dem Hund immer wieder beim Fressen den Napf wegnehmen, damit der Hund lernt wer der Chef ist !!!“

Ein Rudelführer ist ein souveräner und gelassener Zeitgenosse, aber er kontrolliert die Ressource Futter (wie alle anderen Ressourcen auch). Erst frisst er sich satt und dann sind die anderen dran. Gleichrangige streiten sich dann vielleicht ums Futter. Der Chef aber begibt sich erst gar nicht auf diese Ebene. Das Wegnehmen des Napfes ist daher grundsätzlich nicht zu empfehlen und kann besonders für Kinder sehr gefährlich werden. Viel besser ist es dem Hund nur die halbe Portion in den Napf zu füllen, und dann immer wieder während des Fressens ein paar Brocken Futter „zusätzlich“ zu geben, bzw. von den Kindern geben zu lassen. Der Hund erlebt dann in jedem Fall die Anwesenheit der Rudelmitglieder beim Fressen als positiv.

„Mein Hund darf mein Kind auf gar keinen Fall anknurren !!!!“

Ein Hund, und vor allem eine Welpe, sollte Kinder, gleich welchen Alters, NIE als Nervensägen erleben. Dafür MÜSSEN die Eltern Sorge tragen. Kleinkinder und Hunde sprechen grundverschiedene Sprachen. Für Kinder ist ein weiches Fell ein ganz besonderes taktiles Erlebnis. Eine leidenschaftliche und liebevolle Umarmung empfindet ein Hund aber als äußerst unangenehm. Er wird darauf immer mit Beschwichtigungssignalen (Blickabwenden, Gähnen, Nase belecken oder Blinzeln) reagieren. Geräuschlos und dezent wie diese Signale sind, werden sie in der Alltagshektik von den Eltern in der Regel übersehen. Kinder erkennen sie ohnehin nicht. Auch Flucht hilft dem bedrängten Hund nicht, meist wird er konsequent verfolgt. Erst ein Knurren wird akustisch wahrgenommen und sofort von den erschrockenen Eltern massiv bestraft.
Jedes Lebewesen, auch ein bedrängter Hund, lernt immer nach dem Prinzip von Erfolg und Mißerfolg:
Die Beschwichtigungssignale waren erfolglos, die Flucht umsonst, das Zähnefletschen und Knurren ebenso, bleibt nur noch der Einsatz der Zähne! Wird ein Kind gebissen, lässt es sofort vom Hund ab und endlich hat der Hund den gewünschten Erfolg. Das wirklich Fatale an dieser ganzen Situation ist, dass alle Beteiligten stets logische, folgerichtige Handlungen vollziehen, in ihrer jeweiligen Situation gar nicht „anders konnten“!!

Zusammenfassend kann man also sagen: Sind die Kinder zu jung, um Signale eines Hundes zu erkennen, müssen die Eltern sich im Erkennen der Beschwichtigungssignale üben und den Hund aus den bedrängenden Situationen „retten“. Der Hund lernt dann, dass seine Beschwichtigungssignal Erfolg hatten und versucht keine anderen Konzepte um Bedrohungen, sprich Kinder, auf Abstand zu halten. Ist eine ständige Überwachung von Kind und Hund nicht möglich, was eigentlich dem Normalfall entspricht, empfiehlt sich die Schaffung eines Rückzugsplatzes, der vom Kind nicht erreicht werden kann, z.B. ein Laufstall, der vom Hund übersprungen werden kann, vom Kind aber nicht.

„Wenn ein Hund im Training immer Leckerchen bekommt, dann sucht er draußen ständig nach Fressbarem !!!“

Ein Hund zeigt wie jedes andere Lebewesen auch nur das Verhalten, das sich lohnt. Wenn er für ein ausgeführtes Kommando ein Belohnungshäppchen bekommt, wird er dieses Verhalten häufiger und besser zeigen. Dies gilt genauso, wenn ein Hund im Freien trainiert wird. Läuft ein Hund auf dem Spaziergang an einer Lammkeule vorbei, wird er sie sich zu Gemüte führen. Es wäre geradezu dumm und unsinnig eine solche Ressource zu vergeuden! Oder würden Sie an verstreuten 100 Euroscheinen vorüberlaufen ohne sie aufzuheben??

„Erst hat der Hund mit dem Schwanz gewedelt und dann hat er doch gebissen !!!“

Das Wedeln mit dem Schwanz kann viele verschiedene Bedeutungen haben. Es kann zum Beispiel grundsätzliche Handlungsbereitschaft („ich mach gleich was!!“) ausdrücken aber auch ein Beschwichtigungssignal sein. Um das zu unterscheiden muss man die übrigen körpersprachlichen Signale betrachten.